Ursula Euler

 

 

 

Lesen in Ober-Erlenbach

 

Von der Schulbibliothek über Pfarr- und Gemeindebücherei zur Stadtteilbibliothek

 

 

 

 

 

Alte Schule von 1902.

 

 

 

Schulbibliothek

 

Als im Jahr 1866 das Großherzogliche Kreisamt Vilbel die Einführung von Schülerbibliotheken durch Bücher-Prämien erleichtern wollte, erklärte der Ober-Erlenbacher Bürgermeister Kliem: „Ebenso ist der Gemeinderath nicht für Errichtung einer Schulbibliothek, weil der größeren Schuljugend sowie den älteren Gemeinde-Angehörigen wegen den hier landwirtschaftlichen Arbeiten wenig oder gar keine Zeit zum lesen übrig bleibt, ……“ Aber schon 1867 schrieb er: „Wir besitzen bereits eine kleine Schulbibliothek und wollen diese nach der vorgeschlagenen Weise allmählich zu vergrößern suchen ….“. 1882 wurde der damalige Bestand an Büchern der Kreis-Schulkommission Vilbel mitgeteilt. Die Lehrerbibliothek bestand aus 17 Fachbüchern, die Schülerbibliothek aus 13 Lesebüchern, darunter Ratgeber und landwirtschaftliche Bücher über Obst- und Weinanbau, Forstwirtschaft und Naturkunde. Ebenso wurden 21 Exemplare Verwaltungs- und Verfassungsrecht, sowie 60 Exemplare zur Deutschen Rechtschreibung aufgeführt.

 

Ausweislich des Schulprotokolls von1894 beschloss der Schulvorstand ein „Kopfrechenbuch für die Bibliothek der großen Schule“ anzuschaffen. Dem Schulprotokoll vom September 1919 zufolge sollten im Rechnungsjahr 1920 für die Erweiterung der Schülerbibliothek 20 Mark angefordert werden. Den Betrag erhöhte die Kreisschulkommission Friedberg 1920 auf 50 Mark. In einem Zweijahres-Rhythmus, jeweils 1922, 1924 und 1926 sind Mittel bei der Kreisschulkommission beantragt worden. Danach wird eine Schülerbibliothek an der Volksschule Ober-Erlenbach nicht mehr erwähnt, und auch in der Schulchronik befindet sich kein Eintrag. Zur Einweihung der neuen Grundschule im Holzweg 1969 übergab der damalige Landrat des Kreises Friedberg Erich Milius einen Scheck zur Aufstockung der Schülerbibliothek. Anlässlich der Umbenennung der Grundschule 1998 in „Paul Maar Schule“ wird eine großzügige Spende des Oetinger Verlages von Paul Maar Büchern für die Bücherei in der Schulchronik erwähnt.

 

 

 

Die Pfarrbücherei

 

Die Anfänge der Pfarrbibliothek in Ober-Erlenbach liegen im Dunkeln. Zeitzeugen erinnern sich aber, dass es schon in den 1930er Jahren eine Pfarrbücherei gab. Beim Umbau der Pfarrscheune zum Pfarrsaal 1930 waren im Bühnenbereich, der auch für Gruppen genutzt wurde, Bücherregale fest eingebaut. Getragen wurde die Bücherei vom Borromäusverein, einer 1845 gegründeten katholischen Medieneinrichtung. Die Pfarrbibliothek wurde von einem Fräulein Zöller lange Jahre ehrenamtlich geführt.

 

Der erste schriftliche Nachweis einer Pfarrbibliothek ist im St. Martinsboten, dem Mitteilungsblatt der katholischen Pfarrgemeinde Ober-Erlenbach, das vom damaligen Pfarrer Heinstadt 1959 ins Leben gerufen wurde, zu finden. Der Martinsbote erwähnt am 18.12.1960 eine Bücherausgabe an Sonntagen zwischen 12.00 und 13.00 Uhr.

 

Dieser Ausleihtermin änderte sich erst 1987. Im neu erbauten Pfarrzentrum wurde eine „Katholische Öffentliche Bücherei“ am 31. Oktober 1987 eröffnet. Die ehrenamt-liche Leiterin Friedericke Werner war dort tätig, unterstützt von sechs Helferinnen samstags zwischen 18.00 und 19.00 Uhr sowie zwischen 20.00 und 20.15 Uhr, sonntags von 10.00 bis 10.30 Uhr und von 11.30 bis 12.30 Uhr, dienstags von 15.00 bis 18.00 Uhr und donnerstags von 17.00 bis 20.00 Uhr. In den 1990er Jahren fielen die Werktags-Ausleihzeiten weg. Zum Jahresende 2000 wurde die Pfarr-bibliothek mangels Leser/Besucher geschlossen, und ab 2001 wird die Bücherei im Martinsboten nicht mehr erwähnt.

 

 

 

Volksbücherei und Gemeindebücherei

 

Schon im Jahr 1867 berichtete der Ober-Erlenbacher Bürgermeister Kliem von der Existenz einer Volksbücherei. In der damaligen Mitteilung an die Kreis-Schulkommission Vilbel wurde ein Buchbestand von einem Legendenbuch, zwei Büchern über Pferdepflege und zwei über Geburt und Kinderpflege gemeldet. Auch hier wurde angemerkt, dass in den letzten fünf Jahren 30 Exemplare von Verwaltungs- und Verfassungsrecht, sowie 60 Exemplare zur Deutschen Rechtschreibung für die Volksbücherei angeschafft wurden. Was von dieser Volksbücherei erhalten geblieben ist, ist nicht bekannt. Erst in den 1950er Jahren finden sich Hinweise auf eine Gemeindebibliothek. Der Hessische Gemeindetag forderte die Städte und Gemein-den im März 1950 auf, die Büchereien wiederzubeleben. Dieser Aufforderung kam die Gemeinde Ober-Erlenbach im August 1951 nach, indem sie den Lehrer Kurt Müller mit dem Aufbau einer Volksbücherei beauftragte. Die Staatliche Volksbüchereistelle, Darmstadt, erstattete der Gemeinde die Kosten des Büchereibedarfs, die von der „Einkaufzentrale für Öffentliche Büchereien“ (EKZ), Reutlingen, geliefert wurden. Die Bücher wurden damals bei der noch heute bestehenden Buchhandlung Carl Bindernagel in Friedberg bestellt.       

 


 

 

Stempel der Volksbücherei (Foto: Ursula Euler)

 

 

 

1954/55 wurde Modest Andreew mit der Betreuung der Gemeindebücherei betraut. Er bot ehrenamtlich einmal wöchentlich eine Buchausleihe an. Zum Anfangsbestand der Bibliothek konnte er jährlich für 200 DM Bücher dazukaufen. Der Gemeinderechner Theo Petith prüfte jährlich die Buchführung. Im August 1967 berichtete das Mitteilungsblatt der Gemeinde Ober-Erlenbach, dass die staatliche Volksbüchereistelle der Gemeinde einen Landeszuschuss von 250 DM gewährte. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass sich die Gemeindebücherei im Mehrzweckraum des Volksbades befindet und samstags von 16.00 – 17.00 Uhr geöffnet sei. In einem Mitteilungsblatt von September 1967 wird mit den neuen Büchern, die dank des Landeszuschusses angeschafft werden konnten, geworben. Der Bestand wurde mit 38 Bänden angegeben. Im Januar 1972 zog die Bücherei nach Umbauarbeiten der Gemeindeverwaltung in die Räume des ehemaligen Rathauses in der damaligen Schulstraße 5, heute Am alten Rathaus 5.

 

Nach fast 20jähriger ehrenamtlicher Arbeit gab Modest Andreew die Bücherei nach der Eingemeindung am 1.7.1972 in die Hände der Stadt Bad Homburg. Die Gemeindebücherei wurde zur Zweigstelle der Stadtbibliothek und zog ins Erdgeschoss des ehemaligen Altbaus der Alten Schule.

 

 

 

Die heutige Stadtteilbibliothek

 

Ab 1974 wurde die Stadtteilbibliothek mit ca. 2.500 Medien von Carola Patrzek geleitet. Die Zweigstelle wurde für 21.000 DM im August 1981 erweitert und verfügte nun über rund 5.800 „Medieneinheiten“, dazu gehörten Sachbücher und Unterhaltungsliteratur für Erwachsene und Kinder, Spiele, Schallplatten und Kassetten. Die Ober-Erlenbacher freuten sich über diese Erweiterung, da sie mit gut 400 Lesern bei damals ca. 4000 Einwohnern eifrige Benutzer waren.

 

Nach 37 Jahren ging Carola Patrzek 2011 in den Ruhestand. Anschließend übernahm Irina Resch die Leitung der Stadtteilbibliothek. Heute werden dort ca. 12.000 Medien verwaltet.                                   

 

 

 

 

Zweigstelle der Stadtbibliothek in Ober-Erlenbach (Foto: Stadtbibliothek)

 

 

 

Irina Resch führt viele Aktivitäten durch, hauptsächlich für Kinder, sodass die Stadtteil-bibliothek zum Treffpunkt der Ober-Erlenbacher geworden ist. Die Öffnungszeiten haben sich seit 1974 nicht verändert. Die Stadtteilbibliothek ist dienstags und donnerstags zwischen 16.00 und 19.00 Uhr und mittwochs zwischen 9.30 und 11.30 Uhr geöffnet. Sie wird in den nächsten Jahren ein neues Domizil finden und in die ehemalige Staatsdomäne Oberhof umziehen, wo mehr Raum zur Verfügung steht.

 

 

 

Quellen:

 

· Hessisches Landesarchiv, Darmstadt

 

· Stadtarchiv Bad Homburg

 

· Archiv der Heimatstube Ober-Erlenbach e.V.

 

· Mitteilungsblatt der Pfarrgemeinde Ober-Erlenbach

 

· Internetseite der Stadtbibliothek

 

· Lokalausgaben der Taunuszeitung

 

· Zeitzeugen